
Kathrin Hagenauer, Content Director bei LexisNexis, über Mensch-Maschine Symbiose, Lexis Briefings als Chartstürmer, und den Wert von menschlicher Rechtsexpertise
Frau Hagenauer, seit Jahrzehnten bietet LexisNexis umfassende Rechtsliteratur, wird diese zukünftig durch AI geschrieben werden?
Nein, ganz im Gegenteil. Je mehr AI zur Normalität wird, desto wichtiger wird der Mensch und vor allem auch unsere Fachexpert:innen. Man kann das eine nicht ohne das andere betrachten, es sind zwei Seiten derselben Medaille. Mit einer Schnittstelle zu einem der großen AI-Anbieter lässt sich relativ schnell ein AI Produkt erstellen, die Grundtechnologie ist für alle verfügbar. Aber damit auch gute Antworten rauskommen, braucht man erstens exzellente menschliche Rechtsexpert:innen und zweitens gute rechtliche Fachinhalte.
Auch weil wir bei beiden Dingen zur österreichischen Spitze zählen, haben wir Lexis+ AI Ende 2024 als marktreife AI-Lösung für Recht & Steuer launchen können. Es bietet präzise Textanalysen, rechtliche Antworten bzw. Textentwürfe auf Basis hochwertiger Quellen. Man kann auch eigene Dokumente zusammenfassen oder analysieren lassen. Lexis+ AI wird laufend weiterentwickelt, so sind mittlerweile auch EuG & EuGH-Entscheidungen, österreichisches Landesrecht und die Inhalte des Seminar Oberlaa via Lexis+ AI nutzbar.
Was passiert da im Detail, wie stellt man verlässliche Antworten sicher?
Wir haben ein großartiges Team bestehend aus österreichischen und internationalen Kolleg:innen sowie unseren Top Fachautor:innen. Sie haben die entscheidende Aufgabe Antworten zu evaluieren und im Hintergrund intelligente Vorgaben und Leitplanken für die Verarbeitung der Anfragen bereitzustellen. Da steht viel Aufwand und Kompetenz dahinter. Weiters haben wir externe Expert:innen, die sowohl den Blick aus der Wissenschaft als auch der Praxis abdecken. Außerdem braucht eine gute AI eine gute Wissensbasis, also Fachliteratur, wie unsere Lexis Briefings, die gut und kompakt geschrieben sind, aber alle wichtigen Details abdecken. Die hohe Qualität war sicherlich einer der Gründe, wieso wir bei Lexis+ AI so rasch den Durchbruch geschafft haben.
Eine AI die klare, verständliche Informationen bevorzugt – das wirkt ja direkt menschlich?
Wir können mit den Aufrufzahlen unserer Briefings jedenfalls bestätigen, dass Menschen Fachinhalte lieben, die prägnant und vernetzt sind und es stützt die These, dass man damit zu schnelleren und besseren Ergebnissen kommt. Was heißt das: Mit den Briefings haben wir 2017 eine neue Kategorie der Rechtsliteratur für unsere Recherchelösung Lexis 360® etabliert. Besonders ist einerseits, dass ein Thema kompakt und verständlich vermittelt wird, aber auch die Vernetzung der Inhalte untereinander, was über die Zeit ein profundes Wissensnetzwerk ergeben hat. Das war für uns ein neuer Weg, um rechtliche Informationen zu denken, quasi eine “Renaissance der Fachliteratur”. Komplexe Inhalte kurz aber umfassend darzustellen ist eine hohe Kunst, dieses Format lebt von der Fachexpertise der Autor:innen, die wir bei LexisNexis haben. 2024 haben wir die Schallmauer von über 4000 Briefings und Arbeitshilfen durchbrochen. Die Branche hat deren Wert klar erkannt.
Vielen AI-Angeboten fehlen aufgrund des “knowledge cutoff date“ die Informationen der letzten Monate, wie gehen Sie damit um?
Im Gegensatz zu herkömmlichen AI-Angeboten haben wir die österreichische Umsetzung von Lexis+ AI für den hiesigen Rechtsmarkt angepasst. Dabei haben wir besonderes Augenmerk auf aktuelle Inhalte gelegt. Gerade viele unserer Fachartikel sind top-aktuelle Inhalte und auch die Briefings werden laufend an Rechtsänderungen angepasst.
Weiters haben wir eine eigene Redaktion, die täglich die Rechtsprechung und Gesetzgebung sichtet, nach Wichtigkeit filtert und in den Rechtsnews zusammenfasst. Auch hier sieht man die Symbiose: Eine treibende Kraft hinter einer tollen AI sind immer auch exzellente Autor:innen.
Apropos Autor:innen, wie stehen diese zu den neuen Möglichkeiten, die sich mit AI bieten?
Wir haben zahlreiche Autor:innen sehr früh in die Entwicklung eingebunden, und AI wird vielfach als der Zukunftsweg gesehen, um Inhalte sichtbar und auffindbar zu machen. Genau das fördern wir durch Zitate und Verweise in Lexis+ AI. Bei LexisNexis nehmen wir die Verantwortung für die uns lizensierten Inhalte auch sehr ernst und gehen sensibel damit um. Wir haben unter anderem intensiv vorab getestet, wie die Antwortqualität in Lexis+ AI ist.
Weiters arbeiten wir eng mit unseren Autorinnen und Autoren zusammen, um unsere Inhalte weiterzuentwickeln und in die Zukunft zu tragen. Unsere Autor:innen sind hier also nicht Passagier, sondern können mitlenken und die Zukunft mitgestalten, und es ist toll zu sehen, welche neuen Ideen unsere externen Fachexpert:innen einbringen. Es freut mich besonders, dass wir im Wirtschaftsrecht seit Juni bereits zwei neue digitale Inhalte bieten konnten, nämlich „Inhouse Counsel Corner“ einem Videopodcast sowie das digitale Journal „RdFU – Österreichisches Recht der Familienunternehmen“.
Haben Autor:innen Vorbehalte gegen eine Nutzung ihrer Inhalte durch AI?
Natürlich gibt es diese Vorbehalte und es ist bei AI-Lösungen auch durchaus legitim vorsichtig zu sein. Große AI-Anbieter stehen ua in der Kritik, Inhalte unrechtmäßig zu verarbeiten. Wir sehen uns dagegen am anderen Ende des Spektrums, wir schützen die Inhalte unserer Autor:innen. Uns ist es ebenso ein Anliegen, dass exklusive Inhalte nicht unerlaubt von AI-Kraken gecrawlt werden.
Was ist die Zukunft von AI in der Rechtsbranche?
Ich glaube, dass AI schnell Teil des Arbeitsalltags wird. Die US-Rechtsbranche nutzt Lexis+ AI bereits seit 2023, und da haben wir nach einem Jahr im November 2024 bei den US-Kunden eine Erhebung gemacht, und da sagen 88%, dass sie bis zu 11 Stunden pro Woche bei Rechtsrecherche sparen.
Doch die AI-Ära hat gerade erst begonnen und die übernächste Erweiterungsstufe ist bei uns bereits in Entwicklung. LexisNexis hat die Technologiepower und globale Ausdauer, um Ihnen auch weiterhin die neuesten Technologien zugänglich zu machen. Das bedeutet bei uns durchaus harte Arbeit, aber Dinge neu- und weiterzuentwickeln macht auch sehr viel Spaß.